Das Narrenschneiden
Inhalt
Die Story ist schnell erzählt:
Einem ächzenden Dickwanst muss der Arzt den Bauch aufschneiden. Was
für hineingefressene Narren kommen da nicht ans Licht: Eigensucht,
Falschheit, Trinklust, Habgier - und auch der Frau des Narrenfressers
wird das Messer angesetzt, denn Geiz und Neid haben Besitz von ihr
ergriffen.
Natürlich sind hier die sieben Todsünden allgegenwärtig. Sünden
entstehen nach der klassischen Theologie aus sieben schlechten
Charaktereigenschaften:
Superbia: Hochmut
(Eitelkeit, Stolz, Übermut)
Avaritia: Geiz
(Habgier)
Luxuria:
Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren)
Ira: Zorn
(Rachsucht, Vergeltung, Wut)
Gula:
Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Selbstsucht)
Invidia:
Neid (Eifersucht, Missgunst)
Acedia:
Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Trägheit des Herzens)
Diese Charaktereigenschaften
werden als Hauptlaster bezeichnet. Sie sind selbst keine Sünden im
engeren Sinne, jedoch die Ursache von Sünden und können sowohl zu
schweren als auch zu lässlichen Sünden führen. Da die Hauptlaster
Ursache und somit Wurzel von Sünden sind, werden sie gelegentlich auch
als „Wurzelsünden" bezeichnet; auch der Begriff „Hauptsünde"
ist gebräuchlich. Verwirrend und theologisch falsch, aber
umgangssprachlich gebräuchlich ist die Bezeichnung der sieben
Hauptlaster als „sieben Todsünden".
Wer nun aber glaubt, hier mit
einem moraltheologischen und ernsten Lehrstück konfrontiert zu werden,
der täuscht sich. Das Narrenschneiden ist ein einfacher, lustiger
und derber Schwank, in dem so richtig auf die Lachmuskeln gedrückt
wird. Ohne Moral und Belehrung des einfachen Volkes ging es im
Mittelalter (bzw. der Renaissance) natürlich nicht! Aber wenn es
auf so humoristische Art daherkommt, lässt man sich gerne belehren...
oder auch nicht!
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